Wissenswertes

Heilkunde

Die frühmittelalterliche Medizin wird auch mit dem Ausdruck «Klostermedizin» bezeichnet. Die Krankenpflege und damit der Anbau von Heilpflanzen und die Zubereitung von Arzneien gehörte als Teil der geistlichen und sozialen Fürsorge zu den Aufgaben von Mönchen und Nonnen, aber auch von Ärzten und Krankenpflegern. Wichtig war dabei auch die Pflege des überlieferten Wissens, u.a. das Abschreiben der medizinischen Fachliteratur.

Salben, Säfte und Tinkturen wurden aus den Heilkräutern nach alten überlieferten Rezepturen hergestellt. Mönche nutzten, bewahrten und gaben lange das Wissen um die Heilkräfte der Natur und der Pflanzen weiter. Lehrwerke der Kräuterheilkunde entstanden bereits im frühen Mittelalter und reichen gar noch bis in die heutige Zeit hinein. Beispiele dafür wären Hildegard von Bingen, welche sinnbildlich für Klostermedizin steht, Paracelsus, wohl der berühmteste europäische Arzt des 16. Jahrhunderts der frühen Neuzeit, oder auch - aus neuerer Zeit - Naturheilkundler Sebastian Kneipp und Kräuterpfarrer Künzle.

Die Klostermedizin grenzte sich auf der einen Seite gegen die spätantike Tradition der griechisch lateinischen Heilkunst ab. Auf der anderen Seite wurde sie von der sich im späteren Mittelalter ausbreitenden Beschäftigung mit der arabischen Medizin abgelöst. Diese setzte im 11. und 12. Jahrhundert in den Medizinschulen von Salerno und Toledo, wichtigen Zentren der Übersetzungstätigkeit, ein. Durch die Bearbeitung arabischer Texte gelangten neue Impulse in die abendländische Medizin und Pharmazie, die bis in die Neuzeit weiterwirkten.

Dass Gärten überhaupt fester Bestand von benediktinischen Klosteranlagen wurden, war wohl Benedikt von Nursia (480-547) zu verdanken, der in seiner Regel schrieb: «Das Kloster soll wenn möglich so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können. So brauchen die Mönche nicht draussen herumzulaufen, denn das ist für sie überhaupt nicht gut.» Benedikt strebte also die monastische Autarkie an - diese jedoch ist nur zu erreichen, wenn auch Gärten in die Klosteranlage integriert werden.

Erste konkrete Berührungspunkte mit solchen Klostergärten in St. Gallen sind im St. Galler Klosterplan aus dem Jahr 825 überliefert, der ursprünglich im Kloster Reichenau entstanden war. Dieses wiederum stellte schon damals ein Kompetenzzentrum für Gartenbau dar. Auf dem Plan ist unter anderem auch ein Kräutergarten - direkt neben dem Spital - mit 16 Beeten eingezeichnet. Schon im Frühmittelalter bauten die Mönche im St. Galler Klostergarten Salbei, Kerbel, Sellerie, Schlafmohn, Fenchel, Liebstöckel, Rettich, Frauenminze, Muskatellersalbei und Katzenminze an, um Krankheiten zu lindern.
Anders als der ursprüngliche Garten in der Nähe von Karlstor und Untersuchungsgefängnis ist der neue Klostergarten kein Zier-, sondern ein Schaugarten mit 100 verschiedenen Kräutern - ein Ort der Heilkunde und Biodiversität.

Biodiversität Insektenschutz

Ohne die akribische Feinarbeit der Insekten würde unsere Welt und damit unser gesamter Lebensraum zusammenbrechen. Sie helfen mit, Naturkreisläufe in Gang zu halten, Früchte reifen zu lassen, organische Stoffe wiederzuverwerten und Böden anzureichern.

Insekten sind wichtige Bestäuber von Blütenpflanzen und Befruchter von Obstbäumen, Beerensträuchern und Gemüsepflanzen. Als Allesfresser werden zum Beispiel Blätter, Baumstämme, Exkremente von Tieren, Fell und Haare abgebaut. Gleichzeitig sind sie ein wichtiges Glied in der Nahrungskette für Vögel, besonders für Schwalben und Meisen.

Gründe für das Verschwinden der Insekten sind hauptsächlich Pestizide, Kunstdünger, Einsatz von Insektiziden, chemische Düngemittel, Herbizide, aber auch klimatische Veränderungen und Lichtverschmutzung.

Um Insekten zu schützen und zu fördern, braucht es keine grossen Eingriffe. Im Garten können wir ihnen beispielsweise helfen, indem wir in einer Ecke einheimische Pflanzen spontan wachsen lassen, denn eine Vielfalt an Pflanzen bedeutet automatisch eine Vielfalt an Insekten.

Als naturnahe GärtnerInnen bauen wir Insektenhotels, legen Kompost oder Sand-, Stein- und Holzhaufen an und ersetzen den englischen Rasen durch eine bunte, einheimische Blumenwiese.

Biodiversität Vogelschutz

Vögel brauchen Lebensraum, eine ökologische Infrastruktur, Hochstammobstgärten, artenreiche Rebberge, Hecken, Haine und Gehölze, Waldränder und Lichtungen, Parks mit Bäumen und extensive strukturreiche Kulturlandschaften.

So können wir den Vogelschutz aktiv unterstützen:

  • Den Garten naturnah gestalten und mit einheimischen Wildsträuchern und Stauden bepflanzen
  • Zeit geben, dass sich Samen und Früchte entwickeln können
  • Die Natur mitgestalten lassen
  • Eine Blumenwiese wachsen lassen statt den Rasen düngen
  • Tolerieren von «Unkräutern»
  • Dornensträucher, dicht wachsende Bäume oder üppige Fassadenbegrünungen als Nistplätze erlauben
  • Vogelbäder, Nisthilfen und Futterstellen bereitstellen
     

Folgende Grundsätze gelten in einem vogelfreundlichen Garten:

  • Fördern von einheimischen Pflanzen
  • Anlegen einer Vielfalt an Lebensräumen und Strukturen
  • Verzichten auf chemische Hilfsmittel
  • Keinen Torf verwenden
  • Fachgerecht und naturschonend pflegen
     

«Vielfalt» heisst das Zauberwort. Im naturnahen Garten werden je nach vorhandenen Platz- und Standortverhältnissen möglichst viele unterschiedliche Lebensräume geschaffen, z.B.:

  • Blumenwiesen
  • Artenreiche Trocken oder Feuchtwiesen
  • Gebüschgruppen, Hecken mit Dorn und Beerensträuchern
  • Einheimische Kletterpflanzen an Hausfassaden und Pergolas
  • Hochstammobstbäume
  • Blumenbeete mit Wildstauden
  • Tümpel und Teiche
  • Sand-, Kies- und Steinhaufen
  • Asthaufen
  • Trockenmauern
  • Komposthaufen
  • Begrünte Zäune

Geschichte und Historisches

Gärten bilden in der benediktinischen Klosterarchitektur zentrale Elemente, denn sie dienten nicht nur der Selbstversorgung der Mönche mit dem Anbau von Obst, Gemüse, Kräutern und Heilpflanzen, sondern auch der Kontemplation. Sie waren also zugleich Nutz- wie auch Lustgarten. Dazu meint Stiftsarchivar Peter Erhart: «Ein Lustgarten hatte nichts mit den Leidenschaften der Mönche zu tun. Damit ist ein barocker Garten gemeint, welcher der Erholung dient.» Für den benediktinischen Ordensgründer, Benedikt von Nursia (480-547), gehörte mitunter deshalb zu jedem Kloster, abgesehen von Wasser und Mühle, auch ein solcher Garten. Vor allem der klösterliche Kräutergarten nahm sowohl als Heilmittellieferant als auch als tägliche Ernährungsquelle der Mönche eine wichtige Stellung ein.

Die Benediktinermönche gelten heute noch als Begründer des europäischen Gartenbaus: Der im Kloster Reichenau um 825 entstandene St. Galler Klosterplan enthält erste Hinweise auf Inhalt und Positionierung von Gärten innerhalb einer musterhaften Klosteranlage. Auf diesem Plan, der im Ausstellungssaal des Stiftsarchivs im Original zugänglich ist, ist neben Obst- und Gemüsegarten auch ein Kräutergarten mit 16 Beeten eingezeichnet. Im 17. Jahrhundert entstand im nordöstlichen Teil des Klosterbezirks, anstelle von Nutzgärten, der «Fürstliche Garten», ein barocker Ziergarten mit einer Brunnengrotte. Ein Hof- und Lustgärtner kümmerte sich um den Unterhalt dieser Gartenanlage, die im 18. Jahrhundert um eine Orangerie - ein Glashaus zum Überwintern exotischer Pflanzen wie Orangenbäume - ergänzt wurde. Im Stiftsarchiv finden sich Erwähnungen von über 40 Pflanzen, die dort überwintert haben sollen, darunter mediterrane Pflanzen, Sukkulenten, Kakteen oder Pfeffer. In der Pflanzensammlung befanden sich auch etwa ein afrikanisches Liebesröschen, ein Rosettenbäumchen und eine Oktopuspflanze.

Im bereits erwähnten St. Galler Klosterplan sind mehrere Gartentypen eingezeichnet: Kreuzgarten, Heilkräutergarten, Gemüsegarten und Obstbaumgarten. Letzterer schien gleichzeitig als Klosterfriedhof angedacht gewesen zu sein. Mit Ausnahme des Kreuzgartens gibt der Klosterplan genaue Auskunft über die jeweilige Gartenbepflanzung. Dabei fällt auf, dass stets eine Mischkultur vorgeschrieben war. Im Gemüsegarten sollten beispielsweise – nach heutigem Verständnis – sowohl Gemüse- (Zwiebeln oder Schalotten) als auch Gewürz- und Krautpflanzen (Petersilie oder Dill) angebaut werden. Im Obstbaumgarten waren neben heimischen auch südländische Bäume, wie die Feige, eingezeichnet. Der Heilkräutergarten war in der Nordostecke des Klostergeländes angelegt, sodass von Osten her die Morgensonne ungehindert einfallen konnte. Er wird im Klosterplan in 16 Beete eingeteilt; neben Salbei und Fenchel waren auch Zierpflanzen, wie Rosen, oder Gewürze, wie Rosmarin und Pfeffer, vorgesehen. Von den 16 Beeten befanden sich vier Innenbeete in Nord-Südrichtung auf beiden Seiten des Mittelweges, der den Garten von Westen nach Osten durchquerte, je zwei Rabatten säumten die vier Seiten des Gartens. Eingezeichnete Wege zwischen den Beeten und leicht erhöhte Brettereinfassungen sollten wohl Zugang und Arbeit erleichtern, ausserdem war der Garten ringsum von einer Mauer umschlossen, deren einziger Eingang sich an der Südwestecke befand. Im Süden und Westen war der Garten vom «Krankenhauskomplex» umgeben, im Süden grenzte er an das Krankenhaus der Mönche, im Westen an das von Lilien und Rosen gesäumte Ärztehaus und dahinter an das Aderlasshaus und die Badstube. Darin spiegelt sich der unmittelbare Zusammenhang von Kräuterkunde und Heilkunde.Die beschriebenen Elemente des Heilkräutergartens auf dem St. Galler Klosterplan weisen auffallende Ähnlichkeiten zu dem um 840 entstandenen Lehrgedicht «De cultura hortorum» (Hortulus) von Abt Walahfrid Strabo von Reichenau (808/9–849) auf, in dem neben 24 Heilpflanzen auch ein Gärtchen beschrieben wird. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass die meisten darin vorkommenden Pflanzenarten tatsächlich angebaut worden waren. So gilt denn auch die Anordnung der Pflanzen im Hortulus als Vorlage für heutige, dem mittelalterlichen Heilkräutergarten nachempfundene Kräutergärten.

Die Geschichte des «Fürstlichen Gartens» wurde unlängst in einer Publikation des Stiftsarchivs 
aufgearbeitet: Die Orangerie im fürstlichen Hofgarten, 2023.